...eingebettet in eine ganz besondere Siedlung, insgesamt betrachtet: Ein wertvolles Kulturgut
Wer die Martin-Luther- und die Pastor-Hoffmann-Straße in Nottuln betritt, ist erstaunt, welch wunderbare, in sich geschlossene Siedlung ihm hier präsentiert wird. Sie besteht aus 30 eineinhalbgeschossigen Siedlungs-Häusern mit roten Ziegeldächern und gleicher Dachneigung, die im hinteren Grundstücksteil einen kleinen Wohngarten besitzen. Offensichtlich haben sie alle die gleiche Grundkonstruktion und Größe und schmiegen sich dicht aneinander. Und mittendrin, wie eingebettet, liegt das Evangelische Kirchenzentrum mit der Kirche unter dem Kreuz, seinem Bibelgarten und dem Gemeinde- sowie Pfarrhaus. Die Kirche wurde bereits im Jahre 1967 eingeweiht, die Erstellung der Siedlungshäuser folgte in den 70-er 80-er Jahren.
Flüchtlinge aus dem ostdeutschen Raum, gezeichnet von Flucht und Vertreibung, fanden nach vielen Jahren hier endlich ihr neues Zuhause. Viele hatten auch die Errichtung der Kirche unter dem Kreuz finanziell unterstützt. Mittels eines 1961 gegründeten Kirchbauvereins gelang es den Evangelischen – insbesondere Flüchtlingen und Heimatvertriebenen – in jahrelanger Kleinarbeit mit monatlichen Beitragszahlungen, die notwendigen finanziellen Eigenmittel für den Kirchenbau aufzubringen. Der Kirchbauverein steuerte 13.000 DM zu den Baukosten in Höhe von 260.378,02 DM bei und leistete damit einen Eigenanteil von 5 Prozent. Die Initiative für den Kirchenbau und dessen erfolgreiche Umsetzung sind vornehmlich dem unermüdlichen Engagement von Diakon Gustav Hoffmann (1903 bis 1961) zu verdanken. In Anerkennung seiner herausragenden Verdienste wurde er ausnahmsweise ohne Theologiestudium ordiniert und zum Pastor ernannt.
Alleinstellungsmerkmal in den Baumberggemeinden
Das gesamte Gebäudeensemble des Kirchen- und des sie umschließenden Siedlungsgeländes ist ein herausragendes Beispiel für sich sukzessive entwickelndes evangelisches Leben in der münsterländischen Diaspora nach dem Zweiten Weltkrieg.
Einzigartig ist im Gegensatz zu den beiden anderen Baumberge-Gemeinden in der Nachbarschaft, Billerbeck und Havixbeck, dass in Nottuln von 1965 bis 1967 eine evangelische Kirche gebaut wurde und keine für die damalige Nachkriegszeit typischen multifunktionalen Räume entstanden. Zeugnisse der Lokalgeschichte sind neben den kirchlichen Gebäuden und den schriftlichen Quellen zum Kirchenbau auch die Straßen- und Gebäudenamen als historische Zustände. Später erfolgte dann die Errichtung des Johannes- und Pfarrhauses, das durch die Gemeinde Nottuln finanziert wurde.
RESÜMEE:
Geschichte und Religion stiften Heimat und Identität. Ganz viele Menschen verbinden mit der Kirche „Unter dem Kreuz“ und dem Johanneshaus Erfahrungen und Erlebnisse in ihrer eigenen Biografie wie auch in der Ortsgeschichte Nottulns. Im Leitsatz der Ev. Friedens-Kirchengemeinde ist der Auftrag festgehalten: „Wir wollen Menschen von Jung bis Alt in ihrer Verschiedenheit in der Gemeinde Raum und Halt geben.“ Das geschieht im öffentlichen Interesse. Die politische Gemeinde Nottuln hat um 1985 den Bau von Johanneshaus und Pfarrhaus mit 500.000 DM ermöglicht. Diese öffentliche Investition ist ein Geschenk und Verpflichtung zugleich. Dafür ist das einzigartige Gemeindezentrum mit Kirche, Johanneshaus und Pfarrhaus als ganz besonderer Integrations-Platz geschaffen worden.
Die Henne nimmt ihre Küken unter die Flügel
Seine außerordentliche Bedeutung als Kulturgut bekam das evangelische Gemeindezentrum durch den anschließenden Bau der Siedlungshäuser, in denen Flüchtlinge und Vertriebene, insbesondere aus dem ostdeutschen Raum, nach Jahren endlich ihr neues Zuhause fanden. Somit bildete sich insgesamt ein harmonisches Gebäudeensemble, in deren Mittelpunkt das evangelische Gemeindezentrum mit der Kirche unter dem Kreuz liegt. Sie wirkt in der Siedlung wie "eine Henne, die ihre Küken unter die Flügel nimmt". Somit fand auch das Schicksal der heimatvertriebenen evangelischen Christen ein glückliches Ende, sie bekamen eine neue lebenswerte Heimat.
Diesen besonders charakteristischen Teil Nottulns gilt es als öffentlich zugängliches Flächendenkmal und Mahnmal für die Zukunft zu erhalten. In ihm spiegelt sich ein einzigartiger, äußerst wichtiger Teil der Nachkriegsgeschichte der Baumberggemeinde Nottulns wider, ein wertvolles Kulturgut.
Nachtrag:
Diesen Artikel haben wir bereits am 20. Juni 2025 an den Bürgermeister Dr. Dietmar Thönnes und Herrn Ring als Begründung weitergeleitet mit der Bitte als Untere Denkmalbehörde unverzüglich tätig zu werden und die Unterschutzstellung des gesamten Kirchenzentrums mit der Kirchensiedlung nach dem Denkmalschutzgesetz NRW zu betreiben, damit die vorläufige Unterschutzstellung gemäß § 4 Denkmalschutzgesetz NRW umgehend greift. Den Landschaftsverband Westfalen Lippe (LWL) - Herrn Dr. Lunnemann, Herrn Dr. Wild und Frau Dr. Kuhrmann - hatten wir bereits am 5. Juni 2025 darum gebeten. Eine Reaktion seitens der Gemeindeverwaltung an uns ist bisher (30.6.2025) nicht erfolgt. Wir haben nochmals darum gebeten.
Mit besten Grüßen
Ihre Redaktion
Karin und Jürgen Gerhard