Blickpunkt Nottuln
25.10.2025
Blickpunkt Nottuln
So sieht er heute aus, der Sandsteinspieker in der Bauernschaft Uphoven, anno 1720 von Albert Schulte Westerode erbaut
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Spatz, Sperling, Lüntje oder wie hier auch Lüning genannt! Dieser kleine gesellige Vogel hat viele Namen und tritt oft in Scharen auf. Unser Futterhaus wird zur Zeit von 30 bis 40 Spatzen täglich aufgesucht, sie fressen vor allem Körner und Samen und waren daher in der Landwirtschaft nicht gerade beliebt, wie diese Geschichte beweist

Bäuerliche Spieker gestern und heute

Teil 2: Speicher in Nottuln, Bauernschaft Uphoven

Jeder Spieker in Nottuln hat seine eigene Geschichte. Dieser Spieker, nicht sehr weit entfernt vom Longinusturm in den Baumbergen, hat jedoch eine ganz besondere, doch dazu später mehr.
Erbaut wurde der Sandsteinspieker von Albert Schulte Westerode auf einem Hof in der Bauernschaft Uphoven im Jahre 1720. Bereits im 13. Jahrhundert fand dieser Hof, der nahe an den Steverquellen liegt, zum ersten Mal Erwähnung. Über die Lagerung von Getreide hinaus wurde der Spieker zum Backen und Brauen genutzt, bis er im 20. Jahrhundert als Wohnhaus Verwendung fand. Heute befindet sich der Sandsteinspieker im Besitz der Familie Schulze Bisping.

Doch nun zur Geschichte von Jörg Dirk Schulte Westerode, der im Jahre 1755 auf seinem Hof Lüninge erlegen wollte und dabei seine Frau Anna Elisabeth Thier ...

Die Spatzensteuer im 17./18. Jahrhundert führte dazu, dass Spatzen, die die Saat von den Feldern fraßen, dezimiert wurden. Das geschah durch das Ausnehmen der Nester oder durch Erschießen. Die Bauern hatten den Nachweis hierüber zu erbringen. Sie mussten eine bestimmte Anzahl von Spatzen- und Krähenköpfen zum Göding (Gerichtstermin) vorlegen, damit ihnen diese Steuer erlassen wurde.

So erging es auch dem Bauern Jörg Dirk. Seine Frau Anna Elisabeth hatte sich gerade mit den Mägden in den Garten zurückgezogen, um Unkraut zu jäten. Da kam ihm die Idee, endlich zur Tat zu schreiten. 20 Krähen- und Spatzenköpfe mussten her, denn die wollte der Gograf zum Göding sehen.
Jörg Dirk holte aus einer alten Kiste die schwere Luntenflinte hervor, die eigentlich mit einer Stützgabel bedient wurde. Doch die war im Moment unauffindbar. Die Lunte und das Pulver entnahm er aus einem Fach am Kamin, dort lagerte es trocken. Nachdem er die Lunte eingeführt und ein gehörig Maß an Schießpulver aus der Pulverflasche in das Rohr gefüllt hatte, stopfte er sorgfältig mit dem Gewehrstock nach. Aus einem Beutel füllte er die mittleren Hagelkörner in das Rohr. Das würde den Lüningen „gut“ bekommen. Die flogen zwischen Birnbaum und Speicher hin und her und stritten sich um Getreidekörner, die sie aus ihm stibitzt hatten.

Ein munteres Völkchen, aber nicht mehr lange, dachte er sich im Stillen und verschloss das Flintenrohr mit einem Papier-Pfropfen. Unsicher erhob er das Gewehr, lange hatte er es nicht mehr benutzt. Vorsichtig legte er auf die Spatzen an, doch seine Hände zitterten stark. Nur mühselig bekam er Kimme und Korn übereinander. Doch die Lüninge saßen sehr dicht beieinander, den ein oder anderen würde er schon erwischen. Er legte Feuer an die Lunte und zielte erneut. Ein betäubender Knall erschreckte die Mägde. Einige Lüninge fielen vom Baum, dann trat absolute Stille ein.
Plötzlich ein jäher Schrei aus dem Speicher: „Jesus, Maria!“ Dann ein dumpfes Poltern. Anna Elisabeth, seine Frau, war die Treppe heruntergefallen ... Was dann geschah, können Sie in dem Buch „Lüninge“ von Hans Peter Boer, erschienen im Landwirtschaftsverlag Münster -Hiltrup (ISBN 3-7843-2508-4), nachlesen. Falls es nicht mehr erhältlich ist, können Sie in der Stiftsbuchhandlung Esplör in Nottuln das Ende der Geschichte erfahren.

Übrigens, im Teil 3 werden wir Ihnen den einzigen Speicher im "Historischen Ortskern" von Nottuln vorstellen.

Mit besten Grüßen

Ihre Redaktion
Karin und Jürgen Gerhard