Ein Sprinter auf der Bremsspur
Ein Osterspaziergang mit der Familie hat absolut Tradition in unserem Hause. Doch der Rückweg wird immer erst dann angetreten, wenn mindestens ein Osterhase gesichtet wurde - das ist unser Prinzip seit vielen Jahren! Doch wenn wir ehrlich sind, war das in der letzten Zeit nicht durchzuhalten. So manches Mal mussten wir unser Vorhaben aufgeben und zu Hause angekommen, uns mit einem Schokohasen zufriedengeben. Hiervon wurden jedes Jahr deutschlandweit um die 340 Millionen Stück produziert. Davon können die Osterhasen in der freien Natur laut Wildtierstiftung mit einem derzeit geschätzten Bestand von rund zwei Millionen Feldhasen nur träumen.
Rückzugsräume und Brachflächen fehlen
Leider hat der Bestand der Feldhasen alleine in den 2000-Jahren um die Hälfte abgenommen. Primär dafür verantwortlich ist die von der Politik geförderte intensive Landwirtschaft, die kaum noch Rückzugsräume und Brachflächen freilässt. Auch im Naturschutzgebiet Nonnenbachtal ist das jährlich sich wiederholende Freischlagen von Deckungsmöglichkeiten an den Wiesen- und Waldrändern gegenüber der Population von Hasen kontraproduktiv. Außerdem mag der Hase keine Monokulturen aus Weizen, Raps oder Mais. Hingegen liebt er krautreiche Feldränder als Nahrungsquelle und Versteck. Das Anlegen von breiten Blühstreifen mit Wildkräutern kommt ihm daher sehr entgegen.
Unterschied Hase und Kaninchen
Übrigens unterscheiden sich Hase und Kaninchen trotz immer wieder vorkommender Verwechslung grundlegend voneinander, auch in ihrer Lebensweise. Auf den ersten Blick wird deutlich, dass Hasen viel längere dunkelgeränderte Ohren (auch Löffel genannt) als Kaninchen haben. Obendrein ist der Hase viel größer und erreicht ein Gewicht von bis zu sechs Kilogramm, ein Kaninchen nur rund zwei.
Die ausschließlich oberirdisch lebenden Hasen sind Einzelgänger und gesellen sich nur während der Paarungszeit zueinander. Kaninchen hingegen sind Rudeltiere und legen unterirdische Bauten und Tunnel an, in denen sie ihre Jungen großziehen, sich bei Gefahr verbergen und auch dort schlafen. Der nachtaktive Hase schläft übrigens tagsüber in seiner Sasse, einer selbst gebuddelten Mulde. Bei seiner Flucht ist der Hase fast doppelt so schnell wie ein Mensch und kann eine Geschwindigkeit von 70 bis 80 km/h erreichen, das Kaninchen etwa nur die Hälfte.
Übrigens halten sich Kaninchen oft in Wohngebieten auf, finden sie doch in den Gärten viele kleine Leckereien. Der Hase hingegen scheut diese Bereiche und hält sich lieber in Wiesen, Feldern oder am Waldrand auf, von wo er freie Sicht auf das Gelände hat. Schließlich kann der Sprinter hier seine hohe Laufgeschwindigkeit und seine abrupten Richtungswechsel (Haken schlagen) bei der Flucht gegen die Verfolger ausspielen.
Alter, Nahrung und Fortpflanzung
Trotzdem werden 50 % aller Feldhasen kein Jahr alt, die andere Hälfte kann in Freiheit das 12. Lebensjahr erreichen, wären da nicht die Jäger. Im Nonnenbachtal allerdings, so unser Eindruck, wurden die Hasen in den letzten Jahren in Ruhe gelassen, damit sich wieder eine gesunde Population entwickeln kann. Hoffen wir, dass weiterhin Rücksicht auf die Feldhasen genommen wird, denn insgesamt gesehen ist die Population immer noch rückläufig.
Als Nahrung dienen den Hasen grüne Pflanzenteile, gerne auch Wurzeln, Knollen und Getreide sowie - vor allem im Winter - auch die Rinde junger Bäume. Was die Fortpflanzung betrifft, bekommen die Häsinnen drei- bis viermal im Jahr bis zu sechs Junge, die Tragezeit beträgt dann rund 42 Tage. Die Junghäschen in einer Sasse, einer kleinen Mulde am Waldrand liegend, können zu viel Regen nicht vertragen. Die Nässe verklebt ihr Fell und die isolierende Wirkung geht verloren. Sie erfrieren förmlich, denn zu Ostern ist es oft noch recht kalt.
Meister Lampe braucht Rücksicht
Übrigens sollten Sie auf Ihrem Osterspaziergang oder auch sonst in der Natur Hasenkinder in einer Sasse antreffen, dann fassen Sie diese bitte nicht an, denn die Häsin kommt mindestens zweimal am Tag vorbei, um die Jungen zu säugen. Ansonsten hält sie sich aufgrund ihres Eigengeruchs von ihnen fern, um sie nicht zu gefährden.
Also nehmen Sie bitte ein bisschen Rücksicht auf Meister Lampe. Durch Ihr Verhalten tragen auch Sie zu einer gesunden Entwicklung und Erholung des Hasen-Bestandes im Nonnenbachtal bei. Vielleicht können wir dann eines Tages die während der Paarungszeit früher so oft zu beobachtenden "Boxkämpfe" der Hasen untereinander auch im Nonnenbachtal wieder sehen, vielleicht schon dieses Jahr. Halten Sie Ihre Augen weit auf und seien Sie aufmerksam auf Ihrem Osterspaziergang. Und wenn Sie Meister Lampe nur noch auf der Flucht von hinten sehen, dann wissen Sie auch, warum er von den Jägern so genannt wird. Die helle Unterseite seines Schwanzes (auch weiße Blume genannt) leuchtet dann hell auf wie eine Lampe.
Wenn Sie mehr über einen bezaubernden Hasen erfahren wollen, dann empfehlen wir Ihnen den Bestseller "HASE UND ICH" eine herzerwärmende Geschichte über eine lebensverändernde Begegnung von Mensch und Tier. Sie erhalten dieses Buch auch in der Buchhandlung Esplör in Nottuln.
Wir wünschen Ihnen auf Ihrem Osterspaziergang viel Glück beim Osterhasensuchen. Laut letzter Pressemitteilung in den Westfälischen Nachrichten soll der Feldhase ja wieder durchs Land hoppeln. Die Hasen im Naturschutzgebiet Nonnenbachtal scheinen aber diesen Artikel offensichtlich nicht gelesen zu haben, denn dort konnte ich sie nur selten beobachten.
Mit besten Grüßen und frohe Ostern
Ihre Redaktion
Karin und Jürgen Gerhard