Blickpunkt Nottuln
12.11.2024
Blickpunkt Nottuln
Vater Zaunkönig, Troglodytes troglodytes! Trotz seines geringen Gewichtes von 10 Gramm und seiner Größe von nur 10 Zentimetern ein eindrucksvoller, selbstbewusster Vogel mit aufgestelltem Schwanz, schmetternden und schönem Gesang - eben ein kleiner König
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Brummer Nummer eins des Nachwuchses nahm auf einer Sandsteinplatte Platz
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Brummer Nummer zwei verirrte sich in eine Laterne und schaute sich zum ersten Mal die Welt durch eine Glasscheibe an
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Der flauschige Brummer Nummer drei klebt an der Hauswand
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Die Eltern haben reichlich zu tun den Appetit ihrer vier kleinen Brummer zu stillen, doch für ein Posing auf einer Steinkugel nahm sich der stolze Vater Zeit

Königsalarm bei Tee-Time

Eine Königsfamilie verlässt ihr heimisches Nest und fliegt in die Freiheit

Es ist jedes Jahr wieder ein wunderbares Ereignis, den ersten Ausflug unserer Zaunkönigsfamilie erleben zu dürfen. Wir saßen gerade in unserer kleinen Laube bei Tee und Kuchen. Wie große Hummeln schwirrten die vier kleinen Brummer durch unseren Garten und suchen sich erst einmal einen sicheren Platz, und das in unserer Nähe. Brummer Nummer eins setzte sich auf eine Sandsteinplatte, Nummer zwei flog in eine Laterne, Nummer drei "klebte" an der Hauswand und Nummer vier nahm ganz plötzlich auf meinem Knie Platz.

Ich war überrascht, doch hatte ich mir angewöhnt, selbst in unserem Garten die Fotokamera möglichst immer am Mann zu haben, so auch jetzt. Schnell lichtete ich die kleinen Brummer ab, dann befreite ich die Nummer zwei aus der Laterne, Nummer vier der kleine Kniefratz, ließ sich leider nicht fotografieren. 

Vater Zaunkönig saß indessen ganz cool am Kirschbaumstamm und schaute dem eifrigen Treiben seiner wilden Schützlinge zu. Und dann riss die gesamte Kinderschar wie auf Kommando plötzlich ihre Schnäbel auf und forderte vehement Futter von ihren Eltern. Die ließen ihre kleinen Brummer nicht lange warten und schafften eifrig Raupen und andere Insekten herbei.

Nahrung und Lebensraum
Wie andere Vögel lebt der Zaunkönig gern in unserem Garten. Hier hat er alles, was er braucht, Hecken, reichlich Unterholz und Büsche, Natursteinmauern mit Nischen und Spalten sowie Wasser in Form von Wasserläufen und einem großen Teich. Die Winzlinge huschen wie kleine Mäuse in den unteren Gefilden und suchen nach Nahrung wie Raupen, Asseln, Tausendfüßlern und Käfern. Im Winter fressen sie auch Samen - also Stauden im Herbst möglichst nicht abschneiden, sondern stehen lassen. Übrigens konnten wir beobachten, dass Zaunkönige auch bei uns überwintern. Da werden die kleinen Einzelgänger plötzlich gesellig und kuscheln sich bis zu 20 an der Zahl in Baumhöhlen oder Nistkästen. Nach dem Motto "Gemeinsam überleben" wärmen sie sich gegenseitig. Säubern Sie also im Spätherbst bitte ihre Nistkästen und befreien sie von Ungeziefer.

Nest und Brut
Der Zaunkönig baut im Frühjahr wunderschöne halbkugelige Nester in unseren Garten, meist im unteren Bereich einer mit Efeu bewachsene Mauer. Das Innere polstert er mit Moss, Federn und Haaren sorgfältig aus. Zweimal im Jahr legt das Weibchen zwischen vier und sieben Eiern in eines der Nester, das sie sich selbst aussuchen darf. Nach einer Brutzeit von 14 bis 16 Tagen schlüpfen die Jungen. Während sich das Weibchen in dieser Zeit dauerhaft im Nest aufhält, zieht sich das Männchen nur nachts in sein Schlafnest zurück.

Lauter und wunderbarer Gesang
Jedes Mal wenn der Zaunkönig seine Lieder schmettert, sind wir beeindruckt. Dieser kleine Brummer gibt einfach alles, selbst in einer Entfernung von 500 Metern ist er noch zu hören. Woher er den dafür erforderlichen Resonanzboden hernimmt, ist uns aufgrund seiner Größe von 10 Zentimetern und seines Gewichtes von 10 Gramm ein Rätsel. Kommt man seinem Nest allerdings zu nahe, dann wandelt sich sein so wunderschöner Gesang in lautes Schimpfen und Zetern um. Ein kleiner, aber sehr mutiger Kerl, eben ein König!

Woher hat er seine Krone, seinen Namen?
Eigentlich ganz simpel, seinen Namen hat der Winzling erhalten, weil er fast durch jeden engen Zaun schlüpfen kann.
Natürlich gibt es auch eine andere Version, die ich Ihnen frei nach einem Märchen der Gebrüder Grimm in einer von mir verkürzten und angepassten Form wiedergeben möchte:

Der Zaunkönig (Märchen)

Früher, in den alten Zeiten, da hatte jeder Klang noch Sinn und Bedeutung. Die Vögel hatten sogar ihre eigene Sprache, die jedermann verstand. Jetzt klingt es nur noch wie ein Zwitschern, Kreischen und Pfeifen und nur bei einigen Vögeln wie Musik.

Eines Tages kam es den Vögeln in den Sinn, nicht länger ohne Herrn zu sein, einer von Ihnen sollte zu ihrem König gewählt werden. So kamen sie an einem schönen Maimorgen aus allen Wäldern und Feldern zusammen, um die Sache zu besprechen - auch Adler, Buchfink, Eule, Krähe, Lerche und Sperling waren dabei. Selbst ein klitzekleiner Vogel, der noch keinen Namen hatte, mischte sich unter die Vogelschar. Zusammen fassten sie den Beschluss, dass derjenige König sein sollte, der am höchsten fliegen könnte.
Auf ein Zeichen hin erhob sich noch am gleichen Morgen die ganze Vogelschar in die Lüfte empor. Doch die kleinen Vögel blieben bald zurück und fielen wieder auf die Erde, die größeren hielten es jedoch länger aus. Dem Adler konnte es aber niemand gleichtun, der stieg so hoch, dass er der Sonne hätte die Augen aushacken können. Als er sich wieder herabließ, riefen ihm alle Vögel sofort zu: "Du musst unser König sein, keiner ist höher geflogen als du.“

"Ausgenommen ick" schrie jedoch der kleine Kerl ohne Namen, der sich in die Brustfedern des Adlers verkrochen hatte. Als er ganz ohne eigene Müh oben angekommen war, stieg er aus dem Gefieder des Adlers auf und so hoch, dass er Gott auf seinem Stuhle sitzen sehen konnte. Dort legte er seine Flügel zusammen, sank herab und rief auf der Erde angekommen mit feiner aber durchdringender Stimme: "König bün ick! König bün ick!"

"Du unser König?" schrien die Vögel zornig. "Nur durch List hast du es so weit gebracht." Sie machten eine andere Bedingung, der sollte ihr König sein, der am tiefsten in die Erde fallen könnte. Doch auch diese Aufgabe löste der Winzling am besten, indem er in ein Mauseloch schlüpfte und von dort aus rief: "König bün ick! König bün ick!"
"Du unser König?" riefen die Vögel noch zorniger. "Meinst du, deine Listen sollten gelten?" Sie beschlossen, ihn in seinem Mauseloch gefangen zu halten und auszuhungern. Die Eule ward als Wache davor gestellt; sie sollte den Schelm nicht herauslassen, wenn ihr das eigene Leben lieb wäre. Doch es dauerte nicht lange und die Eule schlief ein. Der Kleine merkte das sehr bald und schlüpfte hinaus in die Freiheit.

Von der Zeit an darf sich die Eule nicht mehr am Tage sehen lassen, sonst sind alle andern Vögel hinter ihr her und zerzausen ihr das Federkleid. So fliegt sie nur noch zur Nachtzeit aus, hasst aber und verfolgt die Mäuse, weil sie solch böse Löcher machen.

Auch der kleine Vogel lässt sich nicht gerne sehen, fürchtet er doch, es ginge ihm an den Kragen. Lieber fliegt er in Zäunen und Büschen herum, und wenn er ganz sicher ist, ruft er zuweilen: "König bün ick, König bün ick!“
Und deshalb nennen ihn aus Spott alle andern Vögel auch heute noch: „Zaunkönig“.