Blickpunkt Nottuln
17.05.2024
Blickpunkt Nottuln
Ein Kleinod im Ortskern von Nottuln, die evangelische Kirche unter dem Kreuz, die untrennbar mit dem Dorf und den Menschen verbunden ist. Sie ist ist nur eine kleine aber wunderhübsche Kirche, zugeschnitten auf die Kirchenmitglieder, die hier ihr christliches zu Hause haben
Blickpunkt Nottuln
Der einzigartige, lehrreiche und wunderschöne Bibelgarten, direkt neben der Kirche unter dem Kreuz in Nottuln, ergänzt auf eine ganz eigene Art und Weise das Kirchengebäude. Zwischen dufteten Rosen, Gartenblumen und Gewürzpflanzen können Menschen durch Meditieren zur inneren Ruhe kommen
Blickpunkt Nottuln
Die Kirche unter dem Kreuz ist die einzige evangelische Kirche, die in Nottuln je als Kirche gebaut wurde und seit mehr als einem halben Jahrhundert ihren christlichen Auftrag wahrnimmt. Aufgrund Ihrer Architektur aus den 60-ziger Jahren gehört sie als Zeitzeugnis unter Denkmalschutz gestellt
Blickpunkt Nottuln
Neben drei weiteren großen katholischen Kirchen in den Ortsteilen Appelhülsen, Darup und Schapdetten steht in der Kerngmeinde Nottuln die Kirche St. Martinus. Was wäre wohl, wenn Sie zusammen mit dem Pfarrhaus und dem Gemeindehaus verkauft werden sollte? Wir wollen uns diesen Gedanken nicht einmal ausmalen, denn auch hier ist alleine der Gedanken daran ebenfalls frevelhaft
Blickpunkt Nottuln
Das wunderschöne Friedenshaus in Appelhülsen steht ebenfalls für den Verkauf zur Disposition

Eine Kirche verkauft man nicht (Teil 3)

Nun lasst bitte die Kirche im Dorf!

Wer die Kirchen betrachtet, die als Kirchen in den Dörfern Nottuln, Appelhülsen, Darup und Schapdetten gebaut wurden, der wird feststellen, dass vier große Kirchen (jeweils eine in den aufgeführten Dörfern) der Katholischen Kirchengemeinde gehören und eine kleine im Ortskern von Nottuln, der evangelischen Kirchengemeinde. Hinzu kommt das evangelische Friedenshaus, die in einem ehemaligen Speicher in Appelhülsen eingerichtet wurde.

Was mit diesen Kirchen in Zukunft wird, ist heute noch nicht endgültig absehbar. Der momentan anhaltende Trend der Menschen, sich von der Kirche zu trennen, bzw. aus der Kirche auszutreten, kann sich auch ganz schnell wieder ins Gegenteil verkehren, wenn es der Menschheit wieder "schlechter" geht. Der Tendenz dahin ist bei allem Optimismus absehbar. Zudem könnte sich für die Kirche positiv auswirken, wenn die Täter und Täterinnen der sexuellen Übergriffe und diejenigen, die bewusst weggeschaut haben, sich selbst schuldig bekennen und endlich ihren Hut nehmen.

Die Kirche unter dem Kreuz und der Bevollmächtigtenausschuss

Nicht verständlich und nachvollziehbar ist, dass gerade die einzige kleine evangelische Kirche in der Kerngemeinde von Nottuln verkauft werden soll. Will sich tatsächlich die Kirchengemeinde Nottuln, die einzige evangelische Kirche, die in ganz Nottuln je als Kirche gebaut wurde und ihren christlichen Auftrag seit mehr als einem halben Jahrhundert versieht, wegnehmen lassen? Der Bevollmächtigtenausschuss der Kirche sagte ja. Doch präsentierte dieser Ausschuss tatsächlich die evangelische Kirchengemeinde mit rund 3000 Mitgliedern? Wir sagen Nein, und zwar ein ganz klares Nein, denn wer ist eigentlich dieser Ausschuss?

Der Bevollmächtigtenausschuss wurde nicht wie das Presbyterim demokratisch gewählt, sondern durch kirchenrechtliche Maßnahmen der evangelischen Kirche eingesetzt, nachdem sich das Presbyterium im vergangenen Jahr aufgrund von Unstimmigkeiten aufgelöst hatte. Er bestand neben der Pfarrerin Regine Vogtmann und Gudrun Janßen-Belter, Mitglied im Kreissynodalvorstand des Kirchenkreises, aus vier ehemaligen Presbytern, von denen drei in Appelhülsen wohnen und nur einer in der Kerngemeinde Nottuln, in der die Kirche unter dem Kreuz ihren Standort hat.
Hier hat also ein Ausschuss entschieden, der keine Ausgewogenheit besitzt und nicht den Anteil der Kirchenmitglieder widerspiegelt, der in der Nottulner Kerngemeinde deutlich mehr als doppelt so hoch ist, als in Appelhülsen. Folglich ist nicht einmal eine Parität bei der Abstimmung über den Verkauf der Kirche unter dem Kreuz vorhanden gewesen - von einem demokratischen Verfahren kann wohl kaum die Rede sein.
Wie wir in Erfahrung bringen konnten, war früher das Presbyterium in der Kirchengemeinde Nottuln in Anlehnung an die Anzahl der jeweiligen Kirchenmitglieder in den Ortsteilen folgendermaßen besetzt: 4 Presbyter aus Nottuln, zwei aus Appelhülsen, 1 aus Darup und 1 aus Schapdetten.

Die Rolle des Bürgermeisters in dem Verfahren
Natürlich spielten ehemalige Gemeindedirektoren und Bürgermeister schon immer eine gewisse Rolle in entscheidenden Verfahren der evangelischen Kirche. So hat bereits im Jahre 1985 ein Gespräch des damaligen evangelischen Pfarrers Dr. Georg Braumann mit dem damaligen Gemeindedirektor Joseph Moehlen (es wurde aufgrund der wachsenden Kirchengemeinde ein größeres Gemeindehaus mit Pfarrhaus benötigt) dazu geführt, dass die Gemeinde Nottuln die Planungs- und Baukosten für das jetzige Gemeindehaus mit Pfarrwohnung übernommen hat. GD Moehlen sagte damals "Sie sind eine arme Diasporagemeinde und passen in das Raster des Ortes."

Später gab GD Moehlen die Notwendigkeit eines weiteren Kindergartens zu bedenken. Die katholische Kirchengemeinde lehnte damals einen weiteren Kindergarten aus Personalmangel ab. Pfarrer Braumann brachte sich ins Spiel. GD Moehlen nahm den Faden auf und bot den Bau eines Viergruppenkindergartens und die Übernahme eines Teils der jährlich von der evangelischen Kirchengemeinde zu tragenden Gelder an. Die Baukosten einschließlich Inneneinrichtung betrugen für die Kommunalgemeinde 1,2 Millionen DM. Nach der Übergabe des Kindergartens an die evangelische Kirchengemeinde erhielt er in Anlehnung an die Nottulner Kirche unter dem Kreuz und an Maria, die auf Golgatha unter dem Kreuz stand, den Namen "Ev. Marienkindergarten". (Quelle; Erzählbuch von 1985 bis 2018 "Evangelische Christinnen und Christen in Nottuln). Diese Kindertagesstätte versieht auch heute noch ihren sozialen Dienst.

Der heutige Bürgermeister Dr. Dietmar Thönnes, der ebenfalls auf der Versammlung der evangelischen Kirchengemeinde erschienen war, beschränkte sein Wirken diesbezüglich folgendermaßen: Er sieht in der jetzigen Situation auch eine Chance des Zusammenwachsens "mit der großen Schwester" der Katholischen Kirchengemeinde. Es gebe zum Beispiel die Möglichkeit, Räume gemeinsam zu nutzen - und warum nicht sogar auch die Kirche. "Ich werde alles tun, um sie zu unterstützen", versprach er. So nachzulesen im Artikel der WN vom 4.9.2023.

Das ist ja großartig, aber sollte die Kirche unter dem Kreuz letztendlich wirklich verkauft werden, was sicherlich für die meisten evangelischen Gemeindemitglieder vollkommen unakzeptabel ist, so würden Pfarrdechant Norbert Caßens und Pfarrerin Regine Vogtmann, das ganz bestimmt auch ohne diese Unterstützung schaffen. Was allerdings die Auslastung des katholischen Pfarrgemeindehauses betriftt, so hörten wir von dort regelmäßig tätigen Ehrenamtlichen, dass dieses schon jetzt äußerst beansprucht wird- und so soll es ja auch sein.

Hat denn tatsächlich Bürgermeister Dr. Thönnes (katholischer Theologe) den Bestand der Kirche am Kreuz für die evangelische Kirchengemeinde längst  aufgegeben? Sind denn gar keine entsprechenden finanziellen Hilfen seitens des Bürgermeisters bzw. der Gemeinde Nottuln möglich? Immerhin besteht die evangelische Friedenskirchengemeinde Nottuln aus rund 3000 Nottulner Bürgerinnen und Bürgern.
Zudem werden in Nottuln zwei weitere große Baugebiete mit rund 435 Wohnungen ausgewiesen. In einem kann offensichtlich schon dieses Jahr mit den Bauarbeiten begonnen werden. Es ist also zu erwarten, dass auch die evangelische Kirchengemeinde in naher Zukunft einen nicht unerheblichen Zuwachs von Mitgliedern bekommen wird.
Wäre es nicht dann sogar möglich, beide Standorte zu erhalten?!

Es besteht große Hoffnung
Alles das lässt sehr hoffen, dass die Presbyterinnen und Presbyter der evangelischen Kirchengemeinde den durch das "Notgremium" übereilt getroffenen Beschluss, die Kirche unter dem Kreuz zu verkaufen, endlich zurücknehmen und neu darüber entscheiden. Nur so können erhebliche Zweifel an der Lauterkeit des Verfahrens beseitigt werden, zumal es sich bei dem Bevollmächtigtenausschuss um kein von den Kirchenmitgliedern demokratisch gewähltes Gremium handelte und dieser nicht einmal paritätisch besetzt war.
Erfolgte zudem die Entscheidung, was die tatsächliche Verkaufssituation des Friedenshauses in Appelhülsen betrifft, nicht unter unvollständigen, unklaren, wenn nicht gar falschen Voraussetzungen (siehe Teil 2 des Artikels). Die Beantwortung dieser Frage stellen wir in das Bewusstsein und Gewissen der neu gewählten Presbyterinnen und Presbyter.

Ob sich durch eine erneute Abstimmung eine andere Lage ergibt, setzt allerdings voraus, dass die gewählten Presbyterinnen und Presbyter die Kraft und den Willen haben, neue Wege zu finden und zu gehen, was zweifelsfrei im Bereich des Möglichen liegt. Die Mehrheit der evangelischen Christen in Nottuln wird sich das bestimmt wünschen. Die Presbyterinnen und Presbyter sollten sich aber auch bewusst sein, falls die evangelische Kirche unter dem Kreuz in der Kerngemeinde Nottuln letztendlich auch von Ihnen aufgegeben wird, dass mit dem Weggang dieser Kirche, die evangelische Kirchengemeinde in Nottuln weitere Mitglieder verliert und kaum neue aquiriren wird können.

Wahrscheinlich wird sich dann im Laufe der Zeit die Nottulner evangelische Kirchengemeinde in eine gewisse Bedeutungslosigkeit verlieren, wenn ihr der zentrale, örtlich tatsächlich vorhandene Mittelpunkt im Dorf - ihre einzige Kirche - die ihre symbolische Verbindung zwischen Himmel und Erde darstellt, weggenommen wird und plötzlich nicht mehr da ist. Ihnen wird auch ein Ort genommen, der stark von Erinnerungen geprägt ist; hier wurden sie getauft, konfirmiert, kirchlich getraut und in der Fortsetzung ist ihren Kindern, Enkelkindern gleiches widerfahren - und das alles seit rund 60 Jahren! Wenn die Kirche fällt, dann fällt auch ein Deutungs-, Meditations und Schutzraum für die Menschen. Und wie soll eine vernünftige Kinder- und Jugendarbeit stattfinden, wenn die Räumlichkeiten dazu fehlen - und das ist längst nicht alles .....

Aktualisiert am 16.3.2024 um 22:44 Uhr

Nachtrag vom 11.4.2024 um 22:02 Uhr

Die Redaktion hatte eine Presse-Anfrage an die Evangelische Kirche von Westfalen gestellt und erhielt von der Stabsstelle (Ltg.) des Landeskirchenamtes in Bielefeld folgende Antwort:
„Unsere Nachfrage bei der zuständigen Abteilung im Landeskirchenamt hat ergeben, dass dort kein Antrag auf eine geplante Entwidmung der Kirche vorliegt. Wäre eine solche geplant, so müsste sie von Seiten des Landeskirchenamtes genehmigt werden. Ein Informationsaustausch mit der Kirchengemeinde Nottuln hat ergeben, dass offenbar weder auf gemeindlicher noch auf kreiskirchlicher Ebene ein entsprechender Beschluss gefasst ist. Somit kann zum gegenwärtigen Zeitpunkt auch keine Stellungnahme von Seiten der Ev. Kirche von Westfalen erfolgen. Die Ev. Kirchengemeinde Nottuln sieht sich dem Vernehmen nach mit der Herausforderung konfrontiert, ein Haushaltssicherungskonzept erarbeiten zu müssen. Sie hat dem Landeskirchenamt gegenüber versichert, großen Wert auf eine transparente Diskussion der Situation vor Ort zu legen.“

Mit besten Grüßen
Ihre Redaktion

Karin und Jürgen Gerhard