Blickpunkt Nottuln
18.05.2024
Blickpunkt Nottuln
Die Platanen an der Stiftsstraße waren natürlich auch mal wieder Thema in der 1. Baumkonferenz. Doch selbst der Baumgutachter hatte seinerzeit pro Platanen plädiert. Außerdem präsentieren sie ein großes Stück Nottulner Kulturgeschichte und sind sozusagen Naturdenkmäler. Wie mir von alteingesessenen Familien Nottulns berichtet wurde, sollen sie früher bis zur Stifts- und Pfarrkirche St. Martinus gestanden haben
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Ein Teil unserer Straßenbäume, die prächtige Lindenallee zwischen den Kurien und St. Martinus. Die Linde gilt als der klassische Barockbaum
Blickpunkt Nottuln
Was wäre unser Dorfkern ohne das frische Grün der Linden, ohne den Kontrast zu den in Form geschnittenen Eiben sowie den ergänzenden bunt bepflanzten Blumenkasten längs des Nonnenbaches und an den Kurien? Es wäre ein leerer toter Raum ohne die anheimelnde Wohlfühlatmosphäre, ohne das angenehme Licht und Schattenspiel und ohne das durch sie hervorgerufene angenehme Klima
Blickpunkt Nottuln
Sie dürfen natürlich nicht fehlen, die Moehlschen Schlangengurken, scherzhafterweise benannt nach unserem früheren Gemeindedirektor Joseph Moehlen, in dessen Amtszeit viele dieser Exemplare gepflanzt wurden. Im Laufe der Jahre haben sie sich zu stattlichen Exemplaren entwickelt, was zwar den meisten, aber nicht jedem Anwesenden gefällt. Doch gerade sie prägen natürlich das Ortsbild und sind insbesondere an den Ausfallstraßen oft zu finden. Auf der alten Ortsdurchfahrt - B 525 - ziehen sie sich mit den dazwischenliegenden Buchenhecken je nach Jahreszeit wie ein grünes oder goldenes Band durch Nottuln, einzigartig schön im Münsterland

Erste Nottulner Baumkonferenz

Transparentes Zeitalter wird eingeläutet (Mein Freund, der Baum - Teil 9)
Wer am 11. Januar 2023 an der ersten Baumkonferenz teilnahm, der spürte förmlich, dass in Nottuln in puncto Straßenbäume, ihre Erhaltung und Pflege ein neues transparentes Zeitalter eingeläutet wurde. Auch die Neuanpflanzung von klimafesten Bäumen als Ersatz für die gefällten soll sukzessive erfolgen, noch 40 in diesem Jahr. Mehr gibt das Budget für die öffentlichen Grünflächen momentan nicht her, so der Initiator der Baumkonferenz Dipl.-Ing. Peter Wermeling vom Grünflächenamt, der erst circa ein Jahr diese verantwortungsvolle Tätigkeit wahrnimmt, aber schon deutliche grüne Spuren hinterlassen hat.
Das Grünflächenamt der Gemeinde Nottuln hat noch viele andere Aufgaben zu erfüllen, wie die jährlich durchzuführenden Baumkontrollen auf Vitalität und Verkehrssicherheit sowie die Zuordnung und Durchführung von Maßnahmen, soweit erforderlich, erläuterte Wermeling während seines Vortrages. Hierzu gehöre auch die Düngung ausschließlich mit organischem Dünger sowie die Vergrößerung der Baumscheiben.

"Nottuln schenkt aus"
Außerdem soll aufgrund der zunehmenden trockenen Sommer das Bewässerungsmanagement ausgebaut und optimiert werden. Ein Gießarm für den vorhandenen Trecker zur besseren Erreichbarkeit der Baumscheiben sei bereits angeschafft worden. Zusätzlich ist geplant - ähnlich wie in Münster - an bestimmten Orten Wassertanks aufzustellen, aus denen die anliegende Bevölkerung sich dann bedienen kann, um die Straßenbäume mit dem erforderlichen Wasser zu versorgen. Hierzu können auch Fördermittel vom Land NRW beantragt werden.

Leider mussten trotz aller Rettungsmaßnahmen im Jahr 2022 circa 120 Straßenbäume gefällt werden, entweder waren sie schwer erkrankt oder nicht mehr standsicher, so Wermeling. Hinzu kommen wahrscheinlich noch andere Bäume an Stellen, wo seit vielen Jahren nur noch  Baumstümpfe davon zeugen, dass hier mal Bäume gestanden haben. Eine Mammutaufgabe für die nächsten Jahre, und das bei nicht gerade gefüllten Gemeindekassen.

Zeitenwende
Doch befinden wir uns aufgrund der von uns allen selbst verursachten Klimakrise in einer Zeitenwende (um es in der Kanzlersprache zu sagen), wie es auch einige Bürgerinnen und Bürger aus dem Publikum mit unterstützenden Argumenten untermauerten. Schließlich interessierten sich immerhin über 60 Bürgerinnen und Bürger Nottulns für das brandaktuelle Thema. Dr. Susanne Diekmann von den Grünen gab zu bedenken, dass bezüglich des Klimaschutzes gerade die Bäume eine äußerst wichtige Rolle spielen und es an der Zeit ist, das Ruder gründlich herumzureißen. Dr. Matthias Schliermann von den Grünen ergänzte und wies auf die hohe Verdunstungsleistung eines älteren Baumes hin, die immerhin bis zu 400 l täglich betragen kann. 

Erfreuliches war auch von Christoph Steinhoff vom Umweltamt der Kreisverwaltung zu hören, der auf die Beschattungen von Baumkronen und das darunter vorherrschende Wohlfühlklima hinwies. Aus dem Publikum gab es weiterhin konkrete Anregungen zu diesem Thema, zum Beispiel die frühzeitige Unterrichtung von Kindern und Jugendlichen in den Schulen, um Ihnen die Wichtigkeit der Bäume für die Natur, die Erhaltung des Klimas und das eigene Überleben näherzubringen. Die traf auch auf offene Ohren von Thomas Zimmermann, Leiter des Naturschutzzentrums in Darup und Baumgutachter Martin Rensing aus Ochtrup, der ebenfalls einen interessanten, praxisbezogenen Vortrag zur Erhaltung der Bäume hielt, den er mit einigen Bildern von "Baumgesichtern" zur Freude des Publikums untermalte. Durch seinen Vortrag wurde außerdem deutlich, dass sich beeinträchtigte Bäume ohne Eingriffe des Menschen durchaus selbst helfen können.

Straßenbäume in den verschiedenen Ortsteilen
Die zu pflegenden Straßenbäume teilen sich nach den Angaben der während des Vortrages von Wermeling digital eingespielten Angaben innerörtlich wie folgt auf:

Nottuln:          3300 Straßenbäume
Appelhülsen : 1700 Straßenbäume 
Darup:              400 Straßenbäume
Schapdetten:    400 Straßenbäume

Das sind 5800 Straßenbäume, die sich nach Ihrem Standort größtenteils aus Hainbuchen oder Linden, Spitzahorn, Eichen, Baumhasel, Esche und Obstbäumen zusammensetzen. Mit den Bäumen im Außenbereich sind es nach Mitteilung von Werkeleiter Dipl.-Ing. Daniel Krüger rund 12.000 Bäume.

Erdgasleitungen und Fotovoltaik-Anlagen
Natürlich kamen aus dem Publikum auch Fragen zu speziellen Standorten von alten Bäumen, unter denen sich bereits seit rund 30 Jahren Erdgasleitungen befinden. Daniel Krüger gab hierzu Entwarnung, Schäden an Gasleitungen sind bisher nicht bekannt. Später ergänzte er, dass Schäden bei Entwurzelungen von Bäumen durch Sturmschäden nicht ausgeschlossen werden können.
Zudem sollen nach Angaben von Anwohnern an einigen Standorten die Baumkronen so groß geworden sein, dass sie zu Abschattungen auf den Dächern führen und somit die Nutzung einer Fotovoltaik-Anlage unwirtschaftlich machen - der Gemeinde liegen bereits einige Hinweise von Anwohnern vor. Wahrscheinlich muss hier jeweils abgewogen werden, zwischen der Nützlichkeit der Bäume und der Nutzung einer Fotovoltaik-Anlage, wohl in beiden Fällen in Bezug auf den Nutzen für die Natur und den Klimawandel. 

Transparenz der Verwaltung
Der letzte Vorschlag aus dem Publikum betraf den Ersatz von gefällten Straßenbäumen durch Neuanpflanzungen, der öffentlich im Internet transparent und nachvollziehbar dargestellt werden sollte. In einigen Gemeinden sei das schon der Fall, hörte man aus dem Publikum, entsprechende Software soll auf dem Markt zur Verfügung stehen. Das gilt natürlich auch für gefällte Bäume, für die an anderer Stelle Neuanpflanzungen erfolgen sollen. 

Zum Geburts- oder Hochzeitstag einen Straßenbaum schenken (Nachträglicher Vorschlag der Redaktion)
Wie den Zahlen eingangs der Veranstaltung entnommen werden kann, klafft aufgrund des nicht ausreichenden Budgets hier eine große Lücke zwischen fällen und nachpflanzen. Vielleicht kann diese geschlossen werden, indem Straßenbäume von solventen Betrieben und Institutionen sowie von Bürgerinnen und Bürgern Nottulns zu besonderen Anlässen gespendet werden, ähnlich wie bei dem kürzlich stattgefundenen Pilotprojekt der Gemeinde Nottuln und dem Nottulner Blickpunkt: "Gemeinsame Anlegung von insekten- und vogelfreundlichen Pflanzeninseln mit Kindern und ihren Eltern" am Sportplatz der Dreifachsporthalle. Unsere Redaktion hält das aufgrund der selbst gemachten positiven Erfahrungen durchaus für möglich, siehe auch: https://www.nottuln-blickpunkt.de/426-im-fruehjahr-soll-es-hier-summen-und-brummen

Zum Schluss der gelungenen Auftakt-Veranstaltung bedankte sich Peter Wermeling, der einige Anregungen und Vorschläge mitnahm, bei den anwesenden Experten und beim Publikum, das ihm mit reichlich Applaus seinen herzlichen Dank gerne zurückgab. Es werden sicherlich weitere Veranstaltungen folgen, schließlich ist ihm, wie er betonte, der Austausch mit den Bürgerinnen und Bürgern wichtig.

Anmerkung: Bäume leisten noch viel mehr, als auf der 1. Baumkonferenz erwähnt wurde: Sie binden Kohlendioxid (Kohlenstoffsenke), produzieren Sauerstoff und filtern Staub aus der Atemluft. Bäume und Sträucher leisten einen unfassbar wichtigen Beitrag zur Klimaverbesserung und zur Erhaltung der Artenvielfalt , ohne sie ist ein Leben - auch für uns Menschen - auf diesem Planeten überhaupt nicht möglich. Weitere Artikel hierzu finden Sie unter dem Button NATUR/UMWELT "Mein Freund der Baum Teil 1 bis 4".