Die "Thönnes-Passage", die erste Einbahnstraße in Deutschland, in der man in beide Richtungen fahren darf
Eins unterscheidet Nottuln von allen anderen Gemeinden und Städten in Deutschland: In Nottuln darf eine Einbahnstraße in beiden Richtungen durchfahren werden. Voraussetzung ist nur, dass Sie ein eKFZ, also ein E-Auto haben, und davon gibt es in Deutschland schon über eine Million Exemplare. Diese Ausnahme war, wie Sie auf dem Bild sehen können, gemäß den beiden Einfahrtverbotsschildern am oberen nördlichen Buckenkamp ausdrücklich gestattet, und das immerhin eine Woche lang. Da darf man nur froh sein, dass hier oben, an der empfindlichsten Stelle überhaupt (wir berichteten mehrfach darüber, letzter Artikel https://www.nottuln-blickpunkt.de/734-die-thoennes-passage), kein gravierender Unfall passiert ist.
Mir sagte mal ein Ur-Bauer aus Nottuln, "wenn andere Gemeinden manchmal Mist bauen, so versteht es Nottulns Gemeindeverwaltung immer noch eins obendrauf zu setzen!". Da muss etwas dran sein, wenn man in der Rückschau so manche Entscheidungen Revue passieren lässt. Gestern hatte ich mich an das Straßenverkehrsamt, Verkehrssicherheit beim Landrat Coesfeld gewandt, um der verkehrswidrigen gefährlichen Sache ein schnelles Ende zu bereiten. Dieses hat dann dafür gesorgt, dass die Gemeinde Nottuln heute das "Z" an beiden Verkehrsschildern mit einer Folie überklebte. Jetzt heißt es dort eKF und das steht nur noch für Elektrokleinstfahrzeuge, die unter die Elektrokleinstfahrzeuge-Verordnung fallen.
Das sind Kraftfahrzeuge mit elektrischem Antrieb und einer bauartbedingten Höchstgeschwindigkeit von nicht weniger als 6 km/h und nicht mehr als 20 km/h, die folgende Merkmale aufweisen: 1. Fahrzeug ohne Sitz oder selbst balancierendes Fahrzeug mit oder ohne Sitz, 2. eine Lenk- oder Haltestange von mindestens 500 mm für Kraftfahrzeuge mit Sitz und von mindestens 700 mm für Kraftfahrzeuge ohne Sitz.
Hört sich ziemlich kompliziert an, aber gemeint sind in der Regel elektrische Tretroller, also Fahrzeuge ohne Sitz (z.B. E-Scooter) oder selbst balancierende Fahrzeuge mit oder ohne Sitz (z.B. Segways).
Das nächste Problem: Durchfahrt in Richtung Dorfkern für elektrische Rollstühle nicht gestattet
Doch durch diese alleinige Kennzeichnung wird den elektrischen Rollstühlen (sie fallen juristisch gesehen alleine dadurch, dass sie mehr als 55 kg Masse und einen Fahrersitz haben nicht unter diese Verordnung) die Durchfahrt entgegengesetzt der Fahrrichtung, also in Richtung Dorfkern, untersagt. Doch gerade diese Elektromobile werden von vielen bewegungseingeschränkten Menschen, die in der Seniorenwohnanlage mit 52 Wohnungen direkt an der "Thönnes-Passage" wohnen, auf dem Weg ins Dorf über den Buckenkamp, täglich mehrfach genutzt. Diese Fahrzeuge, die immer mehr im innerörtlichen Straßenverkehr eingesetzt werden, sind unverzichtbar für diese Menschen geworden. Dadurch sind bewegungseingeschränkte Menschen in der Lage, einigermaßen selbstständig ihren Alltag zu meistern und am öffentlichen Leben teilzunehmen.
Das zeigt insgesamt gesehen einmal mehr, wie unausgegoren Entscheidungen in Nottuln gefällt werden, ohne daraus resultierende Auswirkungen zu berücksichtigen.
Einschaltung des Ministerpräsidenten, des Verkehrsministers und des Regierungspräsidenten
Da wir die Beseitigung der hier 38 Jahre gut funktionierenden Durchfahrtssperre und die damit verbundene Öffnung des Buckenkamps für den Busverkehr und den allgemeinen Kraftfahrzeugverkehr für sehr gefährlich halten, haben wir uns an den Ministerpräsidenten Hendrik Wüst, den Verkehrsminister Oliver Krischer und den Regierungspräsidenten Andreas Bothe gewandt. Unserer Ansicht nach wurde hier eine kleine Gefahr gegen eine wesentlich größere Gefahr getauscht und die Verhältnismäßigkeit der Mittel bei der Entscheidung nicht berücksichtigt.
Vor einigen Monaten waren der Ministerpräsident und der Verkehrsminister uns und vor allen Dingen den hier verstärkt wohnenden behinderten Menschen bereits behilflich, als es um die Aufstellung der Freiburger Kegel in der Durchfahrtsstraßensperre ging. Dafür möchten wir Ihnen auch heute nochmals unseren herzlichen Dank aussprechen.
Leider geht es jetzt, wie bereits gesagt, wieder genau in die andere, falsche Richtung, die Straßensperre wurde kürzlich beseitigt, die Verkehrsberuhigung aufgehoben und die Straße für den Durchgangs- und Busverkehr in Richtung Seniorenwohnanlage freigegeben, und das am neuralgischen und empfindlichsten Verkehrspunkt in Nottuln überhaupt - aber lesen und schauen Sie bitte selbst unter: https://www.nottuln-blickpunkt.de/731-verkehrsberuhigter-buckenkamp-soll-zur-durchfahrtsstrasse-werden
Die vielen hier wohnenden und verkehrenden, behinderten Menschen und wir, die sich seit vielen Jahren für sie einsetzen, hoffen nun, dass diese gefährliche Verkehrsänderung umgehend gestoppt wird und die bisherige seit 38 Jahren gut funktionierende Durchfahrtssperre für Kraftfahrzeuge und die damit verbundene Verkehrsberuhigung an diesem äußerst empfindlichen Ort wieder zum Tragen kommt.
Mit besten Grüßen
Ihre Redaktion
Karin und Jürgen Gerhard